Hintergrund

Frauen und Frieden

Frauen sind nicht Urheber der Kriege und der Gewalt, sie sind in erster Linie deren Leidtragende. Kriegsbeschlüsse sind weiterhin ein Ergebnis männlich dominierter Macht- und Ausbeutungspolitik, unter der Frauen in vielfacher Hinsicht leiden müssen. Millionen Frauen wurden in Kriegen angegriffen, ermordet, vergewaltigt, verhaftet und gefoltert. Sie wurden zur Flucht in Länder gezwungen, deren Sprache und Kultur sie nicht kennen. Sie leben mit dem Schmerz über den Verlust ihrer Kinder und Angehörigen sowie mit den Folgeproblemen der Kriege. Wir erkennen an, dass die Unterdrückung von Frauen untrennbar mit kolonialen und imperialistischen Strukturen verbunden ist. Wir sehen die Ausbeutung von Frauenkörpern und -arbeit in kolonialen Kontexten sowie in den heutigen globalen Wirtschaftssystemen, die auf Ungleichheit und Ausbeutung beruhen. Weltweit wurden und werden Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord, Feminizid und verschiedene Formen der Unterdrückung begangen.

Demokratischen Konföderalismus

Kurdistan ist eines der ältesten Siedlungsgebiete Mesopotamiens und war Schauplatz vieler verschiedener Hochkulturen. Seit Jahrhunderten erlebt diese Region immer wieder schwerste Verwüstungen, Plünderungen und neue Grenz-ziehungen. Kurdistan wurde 1923 durch den Vertrag von Lausanne in vier Teile geteilt. Seitdem leben Kurd*innen und andere Minderheiten unter der Vorherrschaft von Türkei, Iran, Irak und Syrien. In diesen Staaten wurde ihnen das Recht auf Selbstbestimmung verwehrt. Deshalb haben sie sich seit Anfang des 20. Jh. mit zahlreichen Aufständen, die blutig niedergeschlagen wurden, gegen die Kolonialisierung, Assimilation, Massaker und Unter-drückung gewehrt. Gegen diese Vernichtungspolitik ist der kurdische Freiheitskampf entstanden, ist in den letzten Jahrzehnten stärker geworden und hat eigene Lösungsmodelle für ein gesellschaftliches Zusammenleben entwickelt. Als eine Alternative zum Nationalstaat entwickelte Abdullah Öcalan in seiner seit 1999 anhaltenden Isolationshaft in der Türkei auf der Gefängnisinsel Imrali das Konzept des Demokratischen Konföderalismus.

So begann 2005 die kurdische Zivilgesellschaft vielerorts mit dem Aufbau basisdemokratischer Rätestrukturen und breiten Bündnissen und dadurch mit der Umsetzung eines demokratischen, ökologischen und von Geschlechterrollen befreiten Gesellschaft-smodells für den Mittleren Osten um gemeinsam für die Anerkennung und Freiheit Aller zu kämpfen.

Frauen in Kurdistan

Parallel zu den Freiheitsbestrebungen des kurdischen Volkes haben sich kurdische Frauen auf der Grundlage einer von ihnen selbst entwickelten Frauenbefreiungsideologie orga-nisiert. Die kurdische Frauenbewegung ist in allen vier Teilen Kurdistans und in Europa zu einer politischen und gesellschaftlichen Kraft geworden. Sie vertritt die Forderungen der kurdischen Frauen, stärkt die Solidarität unter Frauen und arbeitet an der Verwirklichung gesellschaftlicher Alternativen. So wurden in vergangenen Jahren in vielen Dörfern und Städten Frauenräte, -vereine, -kooperativen, -medien, -beratungszentren, -akademien u.ä. Einrichtungen aufgebaut. Durch die breite Basisorganisierung und internationale Vernetzung konnten beispielsweise Kampagnen gegen sexualisierte Gewalt, für die Freilassung von politischen Gefangenen, für Frieden und Demokatrie in Kurdistan und weltweit eine starke Wirkung erzielen.